12. Febr. 2012
"Nauf auf d'Stang" und "Freut Euch des Lebens" symbolisieren die "Semmerenger" Fasnet. Die Narrenzunft Vetter Guser feiert 2012 mit Stolz ihren 100. Geburtstag und natürlich bildete der Jubiläumsumzug ein ganz besonderes Highlight. Das Hohenzollernwetter beim Narrensprung in Sigmaringen war wie bestellt. Kein Wunder, war doch kein geringerer als der Chef des Hauses Hohenzollern, Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern, der Schirmherr des Narrentreffens der Landschaft „Donau“ der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte. Trotz eisiger Temperaturen scheinte den ganzen Tag die Sonne und der Himmel zeigte sich mit stahlblauer Facette. 42 Narrenzünfte erwiesen der gastgebenden Narrenzunft Vetter Guser ihre Referenz und gratulierten zum 100-jährigen Jubiläum.
Herzstück der "Semmerenger Fasnet" ist das Historische Bräuteln am Fasnetsdienstagmorgen. Nach alter Überlieferung ist es nach dem 30-jährigen Krieg entstanden. Die Bevölkerung habe, von Not geplagt, die Lust selbst am Heiraten verloren. Als sich schließlich doch einer der jungen Burschen traute, zu heiraten, hätten ihm seine Kameraden versprochen, ihn an der Fasnet auf einer Stange und unter den Klängen von Trommeln und Pfeifen um den Marktbrunnen zu tragen. Tatsächlich geht der Brauch aber wohl auf ältere Vorbilder zurück, die in Sigmaringen schon Ende des 16. Jahrhunderts erwähnt werden. In seiner jetzigen Form läßt sich das Bräuteln mit Sicherheit seit dem Jahre 1723 belegen. Grüne, silberne und goldene Hochzeiter sowie Zugezogene, die sich dem Ehejoch bereits auswärts gebeugt haben, sind all jährlich eingeladen, den Ritt auf der Stange zu wagen. "Semmerenger Fasnet", das ist aber nicht nur das Bräuteln. Dazu gehört ein bunter Reigen von närrischen Veranstaltungen zwischen dem "Auseliga" und Fasnetsdienstag. "Auseliga" heißt in Sigmaringen der "Schmotzige Donnerstag", was soviel bedeutet wie "unselig" oder "unsinnig" närrisch eben. Der Pflege dieser traditionellen heimischen Fasnet hat sich die 1912 gegründete Narrenzunft Vetter Guser verschrieben. Ihr Name ist Programm. Er entstammt dem Reich der Fabel wonach ein Fuchs als "Vetter" der Gänse diese belehrt mit ihnen "Vetterles" spielt, sie zum Narren hält', was ihnen natürlich zuletzt den Kragen kostet. Die älteste Sigmaringer Fasnetsmaske ist die Traditionsfledermaus. Sie stammt aus dem vergangenen Jahrhundert. Damals war die Fasnet in Sigmaringen reine Männersache. Doch die braven Bürgersfrauen, so wird erzählt, hätten es satt gehabt, alleine zu Hause zu bleiben während die Herren der Schöpfung sich vergnügten. Um zu beobachten, was diese so trieben hätten sie beschlossen, sich zu maskieren. Die Mittel hierzu waren rar. So zog man über das damals übliche, schwarze Kleid ein großes Schultertuch und eine Spitzengardine. Beides wurde über dem Kopf zu zwei Fledermausohren gebunden und mit bunten Bändern geschmückt. Die Flügel bildete der über die Schultern und Arme reichende Schal. Das Gesicht bedeckte die Gaze-Larve, in deren Schutz die Damen sich ungeniert unter die närrische Herrenwelt mischen konnten. Niemals hat sich an der Grundform dieser Maske etwas geändert und bis heute tragen nur Frauen dieses Häs. Bis ins Spätmittelalter zurück reicht die Figur der Bräutlingsgesellen. Ledig müssen sie sein und um die 20 Jahre alt, Bürgersöhne von Sigmaringen. Ihnen obliegt die ehrenvolle Aufgabe des Bräutelns. Gekleidet, sind sie in weiße Hemden und schwarze Kniebundhosen,- mit den roten Hosenträgern und dem roten Halstuch sowie. einem Dreispitz auf dem Kopf von weitem zu erkennen. An die Traditionsfledermaus angelehnt ist die Tiermaske der braunen Fledermaus. Sie trägt eine Holzlarve und am Häs breite Fledermausflügel. Die "kleine Fledermaus" wurde an der Fasnet 1965 erstmals vorgestellt. In dieser Gruppe versammelt sich der "Narresoma", angeführt von der Fledermausmutter. So richtig herzerfrischend ist das Sigmaringer Fasnets-Lied, das an den närrischen Tagen aus allen Winkeln und Gassen der Stadt hallt: Freut Euch des Lebens, Semmerenger Mädle hand Peterla a. Älles ischt vergäbens, koine kriegt koin Ma. Ond wenn sich die Mädle mit Spitza garnieret, ond wenn se dia Preißa am Arm romfiehret, älles ischt vergäbensl, koine kriagt koin Ma!. Im Gegensatz um Historischen Bräuteln in der Nachbarstadt Haigerloch, das nur alle 4 Jahre im Schaltjahr stattfindet, kann man dieses Brauchtum alljährlich in Sigmaringen bestaunen.