Juni 2011

Froleichnam ist ein Hochfest im Kirchenjahr der katholischen Kirche, mit dem die leibliche Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie gefeiert wird. Fronleichnam wird am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitsfest begangen (am 60. Tag nach dem Ostersonntag) und fällt somit frühestens auf den 21. Mai und spätestens auf den 24. Juni. Bedingt durch die superlange Fasnet 2011 (Aschermittwoch war erst am 9. März), schob sich Fronleichnam dieses Jahr auf den 23. Juni hinaus und könnte deshalb kalendarisch überhaupt nur noch einen einzigen Tag später sein. Für den mit Blumenteppichen charakteristischen Feiertag bedeutete dies eine große Erschwernis für die "Blumen-Mädels", denn um diese Jahreszeit gibt es bekanntlich nur noch sehr wenige Blumen in den Wiesen und Gärten. Dennoch creierten die drei Owinger Damen-Teams mit ihren Kids drei sehr schöne und individuelle Blumenteppich-Motive. Hierzu sammelten sie bereits am Vortag die "Zutaten" ein, um an Fronleichnam bereits mit dem Tagesanbruch um 5 Uhr mit dem Legen der Teppiche beginnen zu können. Denn bis zum Kirchgang um 9 Uhr musste ja alles gerichtet sein.

Auch wenn die festlichen, weiß-gelben Fähnchen und Reisigbüschel an den Häusern fast verschwunden sind, konnte die Tradition der Fronleichnams-Altare in Owingen bis zum heutigen Tage erhalten werden. Direkt im Anschluss an die Fronleichnams-Messe in der Neuen Kirche folgte die erste Station direkt vor der Türe. Angeführt von der Musikkapelle Owingen folgte sodann die Prozession mit Kommunions-Kindern, Ministranten sowie dem Pfarrer unter dem Himmel zur nächsten Station am ehemaligen Brauhaus Danner. Dieser Fronleichnams-Altar ist in Owingen der Älteste und dürfte dort schon um die 100 Jahre existent sein. Eingelagert von zwei Musikstücken des Kirchenchors, erteilte der Pfarrer den Segen und man pilgerte zum dritten Fronleichnams-Altar vor dem Rathaus auf dem Dorfplatz. Der Abschluss der Fronleichnams-Prozession folgte im Anschluss in der Alten Kirche in Form der vierten Station.

Einem Zeitungsartikel aus dem Jahr 1960 ist die ursprüngliche Fronleichnams-Tradition in Owingen zu entnehmen: "In Owingen war der Fronleichnamstag bis zur Jahrhundertwende (1900) auch ein weltlicher Gemeindefeiertag. Vom Geisberg kündeten Böllerschüsse den Anbruch des Tages, und auch die Musik wirkte mit religiösen Chorälen mit. Jungfrauen trugen in der Prozession brennende Kerzen. Später wandelte sich der Brauch ab: schulentlassene Mädchen trugen eine Madonna und eine Statue des Jesusknaben. Die Kleinsten trugen Kirchenfähnchen, und vor den vier Altären entstanden herrliche Blumenteppiche. Nachmittags war eine weltliche Feier, bei der Mesner und Ministranten Zahltag erhielten. Kirchenchor und Musikkapelle wetteiferten in frohen Darbietungen. Im allgemeinen wurden sie mit einem Vesper belohnt, und wenn der Bürgermeister noch eine klingende Münze beisteuerte, reichte es auch noch zum gemütlichen Schoppen. Diese Art der Nachfeier wurde dann allerdings im Lauf der Zeit abgeschafft."

Zurückblickend auf meine Kindheit, erinnere ich mich noch sehr gut an den früheren Prozessions-Gang: dieser startete von der Alten Kirche und man pilgerte über das Gässle zum ersten Altar am "Brauhaus Danner", das damals von Hans und Euge Schmocker geschmückt wurde. Von hier ging's über die Hauptstraße in Richtung Wohnhaus von Jakob Rockenstein (heute Fam. Schury), welcher das Altärle von Martin Weißhaar (heutiges Schröder-Haus) übernommen hatte. Weiter folgte man den mit frischen Laub-Ästen (sog. "Maien") ausgesteckten Weg zur Scheune vom "Musik-Seffle" (Ecke Eyachst./Hauptstr.), wo sich die dritte Station befand. Von hier ging's weiter zur Scheune beim Pfarrhaus (dort, wo heute die Fertiggarage steht) und damit dem vierten Fronleichnams-Altar. Der Abschluss der Prozession schließlich fand wieder in der Alten Kirche statt.

Die Bildergalerie rechts dokumentiert zuerst Mal die aktuelle Fronleichnams-Prozession 2011 von A bis Z. Anschliessend folgen die historischen Fotos, beginnend mit der Menschenmenge beim Fronleichnams-Altar in der Eyachstraße und dem eigentlichen Altar an der dortigen Scheune (um 1950). Es folgt der Altar vor dem Brauhaus Danner, der sich bis zum heutigen Tage so gehalten hat. Die zweite Reihe der historische Aufnahmen beginnt mit dem Altar vor der Scheune des Hauses vom "Kassen-Jakob" (Jakob Rockenstein) in der heutigen Bergstraße 10. Es folgt eine uralte Fotografie von dem Altar an der ehemaligen Pfarrhaus-Scheune, auch hier typisch die vielen Wandbilder. Heiligenfiguren und Häuserschmuck waren früher völlig normal, in der heutigen so schnelllebigen Zeit muss man schon fast danach suchen. Bemerkenswert die fest installierten Heiligenfiguren an einigen alten Häusern, die das ganze Jahr über präsent sind und an Fronleichnam besonders hervor stechen.